Die Rheinbrohler Weihnachtskrippe

in der St. Suitbertus-Pfarrkirche in Rheinbrohl

Die Rheinbrohler Weihnachtskrippe
© Pfarrkirche St. Suitbert
Die Rheinbrohler Weihnachtskrippe

„Es begab sich aber in der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde ... Da machte sich auf auch Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“
– Lukas-Evangelium





Historischer Rückblick

Die Angaben über das Weihnachtsgeschehen in den Evangelien sind sehr spärlich. Neben der eindrucksvollen aber knappen Schilderung bei Lukas finden wir nur noch bei Matthäus einen kurzen Hinweis auf das Kind in der Krippe. Erst in dem, als nicht kanonisch eingestuften, „Protevangelium des Jakobus“ aus dem 2. Jahrhundert finden sich Hinweise auf den Ort, den Stall, Ochs und Esel u. s. w.
Die ersten bildlichen Krippendarstellungen finden sich dann in Italien bereits im 4. Jahrhundert. Figürliche Krippen tauchen im 13. Jahrhundert auf und wir kennen die Geschichte von Franz von Assisi der 1223 im Wald von Rieti in einer Höhle die erste Krippe in der uns heute bekannten Form aufbaute und dort seine berühmte Weihnachtspredigt hielt. Erste Nachrichten von Kirchenkrippen in Süddeutschland sind uns aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Eine große Förderung der Krippen als Andachtsgegenstand und Mittel zur religiösen Unterweisung verdanken wir den Jesuiten die sie im gesamten katholischen Europa verbreiteten.

Eine Krippe für die Rheinbrohler Pfarrkirche

Die Rheinbrohler Weihnachtskrippe hat eine über hundertjährige Tradition. Nachdem die Inneneinrichtung der 1852-56 neu gebauten Kirche vollendet war, dachte man auch an eine Krippe. Trotz der damals stark nachgelassenen allgemeinen Krippenverehrung erwarb die Pfarrei 1896 die schönen Kunststeinfiguren. Es sind nicht speziell für uns gestaltete Stücke, sondern müssen aus einer damaligen Serienherstellung stammen. Dies ist belegt weil bei der Lieferung einige Teile zu Bruch gingen, die aber innerhalb von 2 Wochen nachgeliefert werden konnten. Sie sind jedoch heute von einem gewissen Wert, da sich nur noch wenige Figuren aus jener Zeit erhalten haben. So schmücken diese ansprechenden Bildnisse alljährlich die Kirche während der ganzen Weihnachtszeit.
Die wird hier noch bis zum heutigen Tage in dem althergebrachten Zeitraum vom Heiligen Abend bis zum Feste Maria-Lichtmess, also vom 24. Dezember bis zum 2. Februar, eingehalten.
Wohl zurückgehend auf Matthäus, bei dem von einem Haus die Rede ist, wurde in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein strohgedeckter Stall mit alten Balken gezimmert und die umgebende Landschaft mit Papiermaché und Farbe relativ einfach imitiert. Für den Aufbau der Krippe waren die jeweiligen Küster verantwortlich dem natürlich noch ehrenamtliche Kräfte halfen. Zu Beginn des 2. Weltkrieges wurde der damalige Küster bald zum Wehrdienst einberufen. So konnte bereits Weihnachten 1939 die Krippe nur noch von den Ehrenamtlichen installiert werden. 1940 half dabei ein kleiner siebenjähriger Messdiener Josef Kurtscheid der nunmehr Jahr für Jahr mit machte. 1945 verbrannten in einer Scheune neben dem Pfarrhaus alle gesammelten Krippenutensilien, aber glücklicherweise wurden die Figuren im Pfarrhaus aufbewahrt das nur wenig beschädigt war. Nachdem die ebenfalls beschädigte Kirche wieder einigermaßen instand gesetzt war konnte 1946 auch wieder die Krippe aufgebaut werden.

Die Wurzelkrippe

Diese Aufgabe übernahm nun der junge Josef Kurtscheid selbständig. Wohl angeregt von Franz von Assisi wollte er weg vom Pappmaché und die Krippe in einer Grotte aus natürlichen Baumwurzeln unterbringen wie es in Süddeutschland öfters praktiziert wurde.
Er begann nun das ganze Jahr über den Wald zu durchkämmen um das entsprechende Wurzelwerk zu finden, wobei ihm seine ganze Familie half. So wuchs die Krippe von Jahr zu Jahr und wurde immer eindrucksvoller. 1977 zog Kurtscheid mit seinen Helfern erstmalig die Wurzelkonstruktion über die neue Eingangstür zum Querschiff hinweg, so dass die Besucher nun durch dieses Bauwerk gehen und die Krippenszene von mehreren Seiten bewundern können. Diese in ihrer Eigenart und Größe beeindruckende Darstellung blieb natürlich nicht unbeachtet und zog immer mehr Besucher an.
So wurden auch die Fachleute der international bekannten, ganzjährigen Krippenausstellung „Krippana“ in Losheim in der Eifel auf die Rheinbrohler Krippe aufmerksam und ruhten nicht eher bis sie die Zusage hatten, dass sie diese als „Größte künstlerisch gestaltete Naturwurzelkrippe Europas“ in ihrem Hause zeigen konnten. Sie stellten einen entsprechend großen Raum zur Verfügung und so wanderte nach dem Lichtmesstag 1991 die gesamte Krippe in dieses große Museum nahe der belgischen Grenze. Dort wurde sie das ganze Jahr über bewundert und damit auch über die Grenzen von Deutschland hinweg bekannt. Sie kehrte erst in der Adventszeit wieder an ihren angestammten Platz in der St. Suitbertus-Pfarrkirche nach Rheinbrohl zurück.
Josef Kurtscheid starb 2003 nachdem er über 60 Jahre für seine Krippe tätig war. Sein Werk wird aber von seinen Helfern fortgeführt.

Der Krippenbau

Der Aufbau ist das Ergebnis eines langwierigen Arbeitsprozesses, in der Vorweihnachtszeit. Bereits Anfang November trifft sich die kleine Gemeinschaft der Krippenbauer um mit den Vorbereitungen zu beginnen. Die in drei Seecontainern hinter dem Carport neben der Kirche eingelagerten Bauteile müssen ins Seitenschiff gebracht werden. Dann beginnt mit dem Aufstellen der Wandstützen, den freistehenden Säulen und der großen tischartigen Fläche für die Krippe der Unterbau. Stützen und Säulen werden mit einem tragfähigen Balkenwerk verbunden auf das mit normalen Industriepaletten der Untergrund für den oberen Aufbau geschaffen wird. Das Gitterwerk aus Paletten eignet sich hervorragend zum Befestigen der unzähligen Wurzeln. So wächst langsam das Wunderwerk aus Wurzeln, Moos und natürlichen Grün.
Dabei werden ca. 35 Raummeter Naturwurzeln, ca. 120-150 lebende Pflanzen, ca. 4 m3 Grünschnitt und ca. 5 m² Moosfläche liebevoll platziert. Dies erfolgt nicht nach einem präzisen Plan sondern nur die große Linie wird beibehalten. Dadurch ergibt sich, dass wir jedes Jahr ein erneutes Unikat vor Augen haben.
Obwohl die Anlage das ganze ca. 56 m² große nördliche Querschiff umfasst, konzentriert sich doch alles auf das Wesentliche der Weihnachtsgeschichte, eben die Geburt Christi im Stall zu Bethlehem. Die dargestellte weite Ebene mit dem Bach rechts von der Krippe, die bis zu 3,5 m in den Raum vorspringt, wird erst ab dem Dreikönigstag etwas belebt durch das Gefolge der heiligen drei Könige, die dann auch in der Krippe zu finden sind.
Darüber erhebt sich dann ein angedeutetes Gebirge das den ganzen Raum umschließt und bis zu einer Höhe von 5,5m emporsteigt.
Das Ganze eine ruhige Naturlandschaft in dem sich überall Hirten mit ihren Schafen befinden etwas belebt durch einen kleinen Wasserfall. An der höchsten Erhebung ist der Verkündigungsengel zu sehen und darüber glänzt noch der Weihnachtsstern. Insgesamt finden wir verteilt 69 Figuren vor. In der Nordwestecke unterbricht diese Idylle einzig die optisch verkleinerte Burg des Herodes die in der Höhe sichtbar ist. Die unruhig flackernden Lichter hinter den Fenstern erinnern an den unsteten Geist des Burgherrn der seit der Geburt des Christuskindes um seine Macht fürchtet.
Ein großer Vorhang der das ganze dahinter liegende Querschiff verdeckt schützt das „geheimnisvolle“ Werken vor den neugierigen Augen der Kirchenbesucher und besonders der Kinder.

Die Krippe in der Weihnachtszeit

Wenige Tage vor Weihnachten erscheint noch der Gärtnermeister Becker sen. mit Gehilfen in der Kirche um den Altarraum weihnachtlich zu gestalten. Die großen Weihnachtsbäume werden aufgestellt, die Kerzen angebracht und die Untergestelle für die Weihnachtssternpyramiden entsprechend vormontiert die dann mit unzähligen, speziell für diesen Zweck gezogenen, Weihnachtssternen geschmückt werden. Dieser prächtige Altarraumschmuck schließt sich homogen an die Krippe an.
An Heiligabend fällt dann endlich der Vorhang und zeigt die fertige Krippe. Zu Beginn der nächtlichen Christmette wird sie vom Pastor feierlich eingesegnet, der sich dann auch im Namen der Pfarrei bei den Krippenbauern bedanken kann für das wunderschöne Werk das sie in rund 1200 Arbeitsstunden wieder geschaffen haben.
Die Krippe ist von nun an die ganze Weihnachtszeit bis zum Lichtmesstag am 2. Februar täglich von morgens bis zum Einbruch der Dunkelheit zu besichtigen.
Der Lohn für diese aufwendige ehrenamtliche Tätigkeit der Krippenbauer ist letztlich das Staunen und die Freude der vielen Betrachter die aus der Umgebung, aber auch vielfach von weither zur Rheinbrohler Wurzelkrippe kommen und sich von ihr bezaubern lassen.

© Hansfried Schaefer MMIX


Weitere Führungen nach Vereinbarung über das katholische Pfarramt in Rheinbrohl, Tel. (0 26 35) 21 48 bzw. www.seelsorgeeinheit-rheinbrohl.de.

Besichtigungsmöglichkeiten der Pfarrkirche:
Wenn´s hell wird, wird die Kirche geöffnet, wenn´s dunkel wird, wird sie geschlossen! – Während den Gottesdiensten ist keine Besichtigung möglich. Gottesdienstzeiten findet man im Pfarrbrief, der im Internet zu finden ist, Sterbeämter sind hier allerdings nicht aufgeführt.

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